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Zwei Leben

Mozart war in meinem Alter schon 8 Jahre tot, Alexander der Große sogar 11 Jahre, mein eigener Urgroßvater starb 1918 knapp dreissigjährig an der spanischen Grippe. Stirbt heute jemand mit dreissig Jahren, spricht man davon, dass er „früh aus dem Leben gerissen wurde“ und wir sind fassungslos. Dabei ist eigentlich unfassbar, wie lange wir heute leben. Noch habe ich kein Buch geschrieben, keine Firma gegründet, keine Million verdient und keine Familie gegründet, heisst, wäre ich mit 30 gestorben, ich hätte nichts geschaffen, ja ich hätte gerade einmal einen ersten, festen Job ergriffen gehabt. Verlangsamt die Aussicht auf ein langes Leben künstlich unsere Biographie? Wenn ich auf meine Jugend in der Schweiz der 80er Jahre zurückblicke, denke ich, ja, wir haben als 20-jährige nicht annähernd das bewegt, was man in dem Alter bewegen kann. Ich ahne, dass das auch mit einem falsch verstandenen „Respekt gegenüber dem Alter“ zu tun hatte – Professor ist man eben mit 50 und nicht mit 30. Schaue ich heute auf die Gründer-Generation, zeigt sich mir ein ganz anderes Bild: Die jungen Menschen „geben Vollgas“ wie sie das selber nennen, haben keine Schranken im Kopf, aquirieren Mitte 20 Millionen für ihre Unternehmen und sind selber mit Mitte 30 Investoren. Die Amadeusse und Alexanders sind also wieder zurück, nur dass sie eben nach 30 noch ein zweites – und vielleicht sogar noch ein drittes Leben vor sich haben.

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