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Online Shopper’s Confessions

Ja. Es ist traurig, das Aussterben des süßen kleinen Buchladens an der Ecke. Der Buchhändler war zwar etwas schrullig, von neuen Büchern hatte er keine Ahnung und sein Laden sah eher aus wie ein Antiquariat als wie ein Ort, wo man sich ein neues Buch kauft. Dennoch: Sehr traurig.

Aber mal Hand auf’s Herz. Was hast Du dafür getan, dass der Buchladen bleibt rsp. dagegen, dass jetzt an der Ecke ein weiteres Nagelstudio eröffnet? – eines der wenigen Dinge, die Amazon nicht anbieten kann; Nägel anmalen.

Und Dein Designer Sideboard? Ja, ich hab mich im Möbelgeschäft beraten lassen und es dann online gekauft. Ein paar Hundert Euro günstiger, kann mir das jemand verübeln? Und das Stilwerk wird ja nicht so schnell eingehen, wie der kleine Buchladen, der sich auch noch erstaunlich lange gehalten hat.

Und Globetrotter? Schon schön, dass es ein Outdoor-Geschäft gibt, bei dem ich alles an- und ausprobieren kann, den Treckingschuh sogar auf einem künstlichen Felsen und den Schlafsack in der Kältekammer. Und die VerkäuferInnen waren alle selber schon in Peru, Australien und Schottland trecken, biken und paddeln, wissen also, wovon sie reden. Aber dann auch da KAUFEN? Liebe Globetrotter Belegschaft, wir kommen dann wieder, wenn die im Internet gekauften Sachen kaputt sind und der Onlinehandel sie nicht zurück nimmt. Falls es Euch dann noch gibt.

Was wird bleiben, wenn wir ALLES online kaufen? Ich lass die Gedanken einmal meine Straße hoch und auf der anderen Seite wieder runter wandern: Der Inder wird bleiben, Bestellservice hin oder her, auch der kleine Kaffeeladen, der Italiener, der Thailänder, der Japaner und die Shishabar. Kaisers? Lebensmittel werden wir uns auch in Zukunft im Laden kaufen, weder wollen wir uns vorher überlegen, was wir abends essen, noch wollen wir nächsten Tags eine Tüte mit Gammelzeugs vor unserer Wohnungstär finden, wenn wir kurzentschlossen bei einem Freund übernachten. Und so viele Amazon-Drohnen werden gar nicht durch die Stadtluft fliegen können, wie Feierabendbiere, Ravioli, Tiefkühlpizza, Kondome und Klopapier spontan gebraucht werden. Auf der anderen Straßenseite sieht’s schlimmer aus: Der Schmuckladen: weg. Der Biofleischladen ist weg, auch wenn Biofleisch vermutlich das Vorletzte ist, was online geordert wird. Der Buchladen, wie gesagt jetzt Nagelstudio.

Im Silicon Valley liefern die Google-Fahrzeuge schon heute aus, was man sich vorher online ausgesucht hat. Vermutlich bringen die freundlichen Fahrer auch gleich mit, wonach man nur mal verschämt gegooglet hat: Die Antiaging-Creme, das 50 Cent günstigere Katzenstreu, das Auto-Tuning-Magazin und das Sexspielzeug.

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Zeit Flash

Opi erzählt: Manchmal ging in der Schulklasse ein Zettel rum: Schaut alle auf die Brosche der Lehrerin. Dann haben alle Schulkinder auf die Brosche der Lehrerin gestarrt bis diese erst irritiert war und zuletzt keinen graden Satz mehr rausbrachte. Ein Flashmob in den 30er Jahren, ganz ohne Internet und folglich nur zum (Miss)vergnügen der Anwesenden.

Auch die Diner en Blanc ist ein Flashmob, eine Veranstaltung, bei der sich tausende von Menschen, die sich nicht kennen, dazu verabreden, weiss gekleidet an weiss dekorierten Tischen aus weissem Porzellangeschirr zu essen. Der Ort der Veranstaltung wird kurzfristig über die sozialen Netzwerke preisgegeben. Doch wer glaubt, die Dinner en Blanc sei ein Kind der Facebook-Zeit, der irrt: Auch dieser Flashmob wurde schon 1988 in Paris ins Leben gerufen. Ohne Internet, dafür mit Eifelturm.

Diner en blancDiner en blanc, Berlin, 14. Juni 2014

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Polen ist offen

„Visit Poland. Your car is already there.“ Ein Sprichwort aus den Neunziger Jahren, in denen zumindest in Berlin immer wieder von Bestell-Diebstählen (Bringen sie mir doch bitte einen 7er BMW Jahrgang 1995 in Blau mit hellen Ledersitzen) und Teile-Diebstählen (ein LKW gefüllt mit hunderten von Airbags wird in Frankfurt/Oder angehalten) zu hören war.

Wer hätte gedacht, dass die Menschen eines Tages freiwillig ihre Autos nach Polen bringen. Diesmal, um sie dort reparieren zu lassen. Zurück zu dem 7er BMW Jahrgang 1995. Seine Zeit ist um, seine Zipperlein sind bekannt. Kaum einer kann es sich leisten, das Dichtungsringlein zu ersetzen, das den gesamten rollenden Luxus zum Stillstand bring. Das Ringlein kostet 30 Cent, es an der richtigen Stelle einzubauen allerdings gegen 10’000€.

Die wenigen Autobesitzer, die den Wahnsinn darin erkennen, ein 100’000€ Gerät wegen einer 20Cent-Dichtung wegzuschmeissen, werden sich ans Internet wenden und fündig werden: In Polen gibt es Garagen, die solche Reparaturen sachgerecht vornehmen, zu einem Bruchteil der Kosten. So kommt es, dass Luxuslimousinen mit Frankfurter- oder Zürcher Kennzeichen wie UFOs auf holprigen Straßen durch die Polnishen Wälder und Kleinstädte rollen – einem zweiten Leben entgegen.

ps: Was das Dichtungsringlein betrifft, empfiehlt sich die Lektüre des Buches „Zen oder die Kunst ein Motorrad zu warten“. Hier wird eine Situation beschrieben, in der der Fahrer eines BMW Motorrades sich weigert, sein Motorrad mit einem Alu-Scheibchen zu reparieren, das aus eine Bierdose herausgeschnitten wird, und lieber die Reise abbricht und einige Wochen auf das Original-Scheibchen aus München wartet, obwohl das Bier-Blechlein faktisch exakt dieselbe Funktion erfüllen würde.

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Sonn-Tag

Scheinbar dienen die ganzen (informations)technischen Entwicklungen unserer Zeit der Effizienz: Wie komm ich schneller von A nach B (moovel), wei kann ich Termine einfacher koordinieren (Doodle), wie kann ich Daten leichter versenden (wetransfer) etc.

Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Entwicklungen, die einfach nur Spaß machen sollen. Im digitalen Bereich ist die iBeer App sicherlich ein Klassiker der sinnlosen Applikationen:

iBeer

 

In den letzten Tagen, in denen die Hitze in Berlin nicht nachlassen will, habe ich auch endlich die sommerlich sinnfeie Zusatzanzeige in den Mini-Cabrios verstanden:
MiniOpen

Sie tut nichts anderes, als die Stunden zu zählen, die man das Verdeck (am Stück) offen hatte. Wir haben an einem Tag 6 Stunden (innerer Kreis) und 46 Minuten (äußerer Kreis) geschafft. Der Rekord liegt angeblich bei 555 Stunden und wurde im Rahmen der „Mini – always open“ Kampagne erreicht. Selten, aber umso erheiternder, wenn sich so ein Gag auch in der Hardware eines Produktes wiederfindet.

Vergleichbar ist die Sonn-Tags-Anzeige vielleicht mit der Blumenvase im VW New Beetle, die es offensichtlich schon im original Volkswagen von 1934 gab.
New Beetle

Old BeetleSo viel Humor hät‘ ich den Nazis gar nicht zugetraut.