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Mehr Müll

Mir war klar, dass es das geben muss. Und jetzt, wo ich’s seh‘ empfinde ich dennoch Ent-Täuschung. Buffer: Ein Programm, dass vorbereitete Tweets über den Tag verteilt in die Welt plappert, um den Eindruck zu erwecken, das da jemand ganz besonders wach ist, währenddem der jemand grad pennt oder ein Bier trinkt oder im Freibad schwimmt. Ich fühle mich verarscht, sah ich doch den einzigen Sinn von Twitter in der Aktualität dieses Mediums. Zum Beispiel marschieren 200 Polizisten am Görlitzer Bahnof auf und Twitter sagt mir warum (ich bin etwas beschämt, als mir auffällt, dass ich zuerst Twitter befrage, bevor mir einfällt, dass ich auch einen der 200 Polizisten fragen könnte). Andererseits erklärt mir die Entdeckung von Buffer auch, wie systematisch kommunikativer Müll generiert wird, zumal Buffer ja nur eine von vielen kommunikativen Dreckschleudern ist. – Wenn die Leute sich schon die Mühe nicht mehr machen, ihre Tweets selber zu verschicken, warum soll sich dann irgendjemand die Mühe machen, diese zu lesen? Kommunikation der Kommunikation Willen, das ist ungefähr so nervig, wie die penetranten Schulkinder, die einfach mal die Hand heben, um dem Herrn Lehrer oder der Frau Lehrerin zu zeigen, dass sie anwesend sind aber keine Ahnung haben, was sie sagen wollen, wenn sie mal gefragt werden.

Noch ein Weg, wie kommunikativer Müll in die Welt gelangt: Eine Studie ergibt, dass ein Großteil aller Artikel, die bei Facebook gepostet werden, vom Poser selbst nicht gelesen wurden. Ich share hier mal den Artikel mit Euch. Selber habe ich ihn nicht gelesen.

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billig fliegen

Zusammengepfercht stehen sie am Gate. Zusammengepfercht werden sie auch im Flugzeug sitzen – und Umfragen ergeben, dass sie sogar im Flugzeug stehen würden, wenn sie dadurch noch billiger fliegen könnten. Und selbst die kleine Handtasche muss noch in den kleinen Kabinenkoffer gepfercht werden, weil die Billig-Airline darauf beharrt, dass nur ein Handgepäck mit in die Kabine darf.

Das sind sie also die Geiz ist geilen Smartshopper und Internet-Schnäppchenjäger, die noch nicht mitgekriegt haben, dass das Billigfliegen längst nicht mehr billig ist. Billig ist lediglich das nicht vorhandene Getränk und Gebäck und die nach Plastik stinkenden Müllsäcke, die von Stewardessen durch die Flure geschleift werden, die längst begriffen haben, dass ihr einst hochangesehener Titel längst nichts mehr mit der Tätigkeit zu tun hat, die sie gerade verrichten.

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Der Swissair Aschenbecher. Zeugnis einer vergangenen Kultur der Fliegerei.

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Reichweite

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Das erste mal mit dem Elektromobil den sicheren Hafen, die Herde verlassen und aufs Land, fahren. Es fühlt sich an, wie zum ersten mal alleine Autofahren, was sich wiederum ein kleinwenig anfühlt, wie sich für Charles Lindbergh der erste Atlantikflug angefühlt haben muss; Wird alles gut gehen? Wird der Strom reichen?

Das Navi sagt, der Weg ist 41,3km lang.
Die Gebrauchsanleitung sagt, die maximale Reichweite des Fahrzeugs liegt bei 150km.
Die Batterie sagt, 85% voll.
Rechne.

Mit dem Reststrom müsste man noch 127,5 km weit kommen. Nur, unter welchen Konditionen?
Draußen sind es 30+ Grad. Das müsste der Batterie gefallen, denke ich. Allerdings ist bei der Temperatur auch die Klimaanlage an – wie viel von dem Strom wird sie in Ansruch nehmen? Und das Radio? Ob ich einen Kilometer weiter komme, wenn ich ohne Musik fahre? 50% der Strecke sind Autobahn, das bedeutet in Deutschland fahren ohne Geschwindigkeitsbegrenzung, das bedeutet, ich kann versuchen, die 130km/h, die das Elektromotörchen hergibt, auszureizen, dann bleib ich vermutlich nach 20 Kilometern liegen, oder aber ich reize die Nerven der anderen Autofahrer aus – mit den 90kmh, bei denen die Verbrauchsanzeige gerade noch auf „Öko“ steht, müsste ich ja schon fast den Warnblinker anmachen. Dennoch. Ich zieh das durch, wissend, dass man mit dem Elektromobil nicht mal eben an der nächsten Tanke halten kann, wenn man sich in der Tankfüllung geirrt hat.

Die Vermutung hat sich bestätigt, die Vorsicht gelohnt. Als ich mit dem lautlosen Öko-Trekker zu Hause ankomme steht die Strom-Anzeige auf 10%, das reicht grad mal, um noch einmal zügig um die Siegessäule zu fahren. Dann war’s das. Ich steck zum ersten mal ein Auto an eine Dose, mein kleiner Atlantikflug ist gelungen, auch wenn keiner da ist, um ihn zu bejubeln.

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Papa

Heute vor 20 Jahren ist mein Papa gestorben. 1994. Er hat die rasante Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte nicht mehr mitbekommen, und ich frage mich, was er wohl davon halten würde. Doch wahrscheinlich wäre die Antwort unspektakulärer als man denkt. Was hätte sich denn für ihn, den Land-Pfarrer, tatsächlich verändert? Gut, die kleine Pfarrgemeinde hat jetzt eine Homepage, auf der man ab und zu die Bilder aktualisieren müsste. Auf ihr ist ein Foto von Zwingli’s Spruch über dem Altar zu sehen, der durchaus auch auf die heutige Zeit anwendbar wäre, wenn man Gottes Wort durch die Digitale Revolution ersetzt: „Wahrlich, wahrlich, Gottes Wort wird so gwiß sinen Gang haben als der Rhyn, den mag man ein Zyt wohl schwellen, aber nit gstellen“. Dennoch, für Papa hätte sich nicht so viel verändert: Die wichtigsten Informationen über Obama im Fitness-Studio, die fünf Minütige Verspätung des Schnellzuges aus Zürich und die aktuelle Rhein-Temperatur könnte er noch immer der lokalen Zeitung entnehmen und das Ticket für das Bach-Konzert im St. Johann am Schalter beziehen. Auch Tankstelle bleibt Tankstelle und Migros bleibt Migros. Zudem wäre er jetzt ein alter Mann, was ich gerne vergesse, weil er jung gestorben ist. Und alte Leute haben, was den Umgang mit neuen digitalen Möglichkeiten umgeht, nur zwei Strategien: Die einen geben alles daran, noch alles zu lernen, lassen sich mit 85 ein iPad schenken und skypen wöchentlich mit ihren über die Welt verstreuten Enkeln. Die anderen sitzen das alles einfach aus und sparen sich das für’s nächste Leben. Papa hätte zu letzteren gehört.Bild(Kirche Laufen am Rheinfall, Kanton Zürich, Schweiz)